„Man weiß, dass man sich hundertprozentig aufeinander verlassen kann, egal ob im Privaten oder im Einsatz.“

Von einschneidenden Notlagen im Privaten bleiben auch freiwillige Feuerwehrleute nicht verschont. Justin Peters, Oberfeuerwehrmann bei der FF Altglienicke, berichtet, wie es ist, Retter und Betroffener zugleich zu sein, über den wertvollen Beistand seiner Kameradinnen und Kameraden, das Zusammenrücken in der Not – und über die wichtige Anerkennung der Bürgerinnen und Bürger.

Name
Justin Peters

Alter
21

Dienstgrad
Oberfeuerwehrmann

Wache
FF Altglienicke

Beruf / Ausbildung
Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb bei der BVG

Justin, du bist schon seit der Jugendfeuerwehr dabei und hast dich dort sehr engagiert. Was hast du dort alles gelernt?

Richtig, also ich habe 2008 bei der Jugendfeuerwehr angefangen und bin dort ziemlich schnell – nach 1,5 Jahren – Jugendsprecher geworden, was vergleichbar ist mit dem Klassensprecher in der Schule. Ich habe dort viel Verantwortung übernommen und dabei zunächst das Führen einer Gruppe gelernt, was ganz wichtig für mich ist.

Weiterhin war das für mich ein guter Übergang in die Freiwillige Feuerwehr. Man hat dann schon viel geübt, was die Brandbekämpfung und die Wasserversorgung angeht, was die Personensuche angeht, Fahrzeugkunde, eben ein sehr guter und runder Überstieg in die Freiwillige Feuerwehr.

Im Juli 2018 hattest du ein sehr einschneidendes Erlebnis mit der Feuerwehr, erzähl doch mal, was da passiert ist.

Das war der Abend des 17. Julis 2018. Da rief mich meine Freundin aus dem Wohnzimmer: „Da ist Wasser vor unserer Terrasse“. Wir wohnen im Erdgeschoss und da ist unter der Straße vor unserer Wohnung direkt die Hauptwasserleitung geplatzt, das heißt ein 600-mm-Hauptwasserrohr. Dadurch kam es dann ziemlich schnell zu einer starken Wasserausbreitung auf der Straße vor unserer Wohnung. Unsere Wohnung liegt zudem leider etwas tiefer als die Straße. Ich bin dann aus der Wohnung gerannt, aus dem Hinterzimmer, weil vorne kein Rauskommen mehr war und habe mir das angeguckt. In diesem Moment wurde unsere Wehr auch schon alarmiert, weil unsere Nachbarn bereits angerufen hatten.

„Meine Kameradinnen und Kameraden haben uns sehr geholfen. Sie haben uns Sachen zur Verfügung gestellt, da wir ja wirklich gar nichts mehr hatten.“

Das Ganze hat sich dann zu einem 10-Stunden-Einsatz entwickelt. Wir waren dort von abends bis morgens um 6 Uhr beschäftigt, haben die Keller ausgepumpt, die teilweise einen Wasserstand von drei Metern hatten. Drei Häuser und acht Wohnungen waren betroffen, in denen wir dann so ein wenig klar Schiff gemacht haben. Dann hatten wir bis kurz vor die Haustür ein zehn mal zehn Meter großes Loch, das vier Meter tief war. Das entstand durch das Unterspülen durch das freigesetzte Wasser. Das bedeutet, wir mussten im Anschluss noch das Haus, in dem ich gewohnt habe, evakuieren, da wir nicht ausschließen konnten, dass es nicht vielleicht doch noch einbricht, wenn sich das Loch vergrößert.

Das war natürlich sehr einschneidend, da man selbst betroffen war. Man hatte dann natürlich seine Kameradinnen und Kameraden sowie die Kameradinnen und Kameraden der anderen Wehr, die noch zur Unterstützung da waren. Die haben einem zu dem Zeitpunkt geholfen und im Anschluss natürlich auch. Beim Ausräumen der Wohnung, dem Sortieren der ganzen Sachen, die noch zu retten waren, was auch nicht mehr so viel war.

Jetzt weißt du also auch, wie es sich anfühlt selbst gerettet zu werden und auch zu retten. Du kennst also beide Seiten.

Ja genau. Das ist eine Situation, die wünscht man eigentlich niemandem, also dass man selbst betroffen ist. Aber gut, wir haben es überstanden. Meine Kameradinnen und Kameraden haben uns sehr geholfen. Sie haben uns Sachen zur Verfügung gestellt, da wir ja wirklich gar nichts mehr hatten.

Es ist also richtig viel Wasser in die Wohnung eingetreten?

In der Wohnung standen circa zehn Zentimeter Wasser, aber durch das Ausspülen eben gemischt mit Schlamm, was das größere Problem bei der Angelegenheit war, da der gesamte Sand mit rein gespült wurde. Der eine Heizungsraum vom Keller war glaube ich komplett voll mit Sand. Dadurch konnte man die Sachen eben komplett wegschmeißen.

„Gerade die Betroffenen sind es, die von Herzen Danke sagen.“

Eigentlich braucht man so etwas nicht unbedingt. Würdest du sagen, dass man auch daran wächst?

Ja, man geht damit auf jeden Fall anders um, man kennt die Nachbarn nun alle und die haben einen auch in guter Erinnerung.

Wo du die Kameraden und Kameradinnen schon angesprochen hast: Was bedeutet dir der Zusammenhalt zwischen euch?

Ohne den Zusammenhalt geht es nicht. Das wird glaube ich auch jeder sagen. Feuerwehr ist die zweite Familie. Ich bin darin aufgewachsen, ich habe mit zehn Jahren damit angefangen. Die kennen mich also seitdem, wissen wie ich aufgewachsen bin oder haben mich zum Teil sogar mit großgezogen. Das ist wirklich Familie, anders kann man es nicht sagen und ohne die geht es auch nicht. Man weiß, dass man sich hundertprozentig aufeinander verlassen kann, egal ob im Privaten oder im Einsatz. Das macht halt Feuerwehr auch aus und das ist einer der Gründe, weshalb ich jedem nur sagen kann: „Geh zur Feuerwehr!“

Und wie ist so das Feedback? Wird das gewürdigt von den Bürgerinnen und Bürgern?

Definitiv. Klar, es gibt auch immer schwarze Schafe, die unseren Einsatz kaum würdigen und eher das Negative sehen. Aber gerade die Betroffenen sind es, die von Herzen Danke sagen. Vor allem die Älteren wollen einem oft Geld zustecken, was wir natürlich nicht annehmen. Aber daran sieht man schon die Anerkennung. Und die braucht man auch. Das ist für jemanden, der das nicht kennt schwer zu verstehen – aber es ist eben dieses Gefühl, was einem sagt: „Genau deswegen mache ich das!“

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